Story von Reinhold Vogt, Waldbröl-Diezenkausen
Ich, Hannemann, Italiener,
und meine tollen sieben Jahre bei den Vogts
Das bin ich hier, der Gockel auf dem romantisch-graziösen Gartenstuhl:
Obwohl ich ein so hübsches Tier war, quasi ein Prachtexemplar, hatte mein Halter seltsamerweise nur wenige Fotos von mir gemacht. Deshalb versuche ich, mich selber hier möglichst anschaulich darzustellen.
Als meine Halter 2012 mit der Hühnerhaltung begannen, hatten sie vom Geflügelhändler Simon auf dem Waldbröler Vieh- und Krammarkt zunächst drei Zwerghennen und einen Hahn gekauft. Dieser muss allerdings bereits gesundheitlich angeschlagen gewesen sein. Er kam den Vogts zwar ein wenig komisch in seinem Verhalten vor, aber sie hatten damals keine Ahnung, woran man kranke Hühner erkennt. Die Vogts waren halt noch absolute Hühner-Greenhorns.
Der betreffende Kollege war jedenfalls nach ein paar Tagen verendet.
Am folgenden Markttag hatten die Vogts dann mich geholt – ebenfalls vom Händler Simon; sie brauchten aber nicht noch einmal zu bezahlen; ich war sozusagen der Schadenersatz bei diesem Garantiefall.
Sofern ich mich richtig erinnere, hatte der Simon gesagt, dass ich ein Zwerg-Italiener sei, quasi ein kleiner Sizilianer. Übrigens, meine Halterin ist ihrem Pass nach auch eine Italienerin, und zwar eine große Sizilianerin.
Ich fühlte mich von Anfang an wohl im Garten der Vogts, vor allem weil ich drei junge Gespielinnen hatte.
Aber in den ersten Tagen muss dort etwas Schreckliches passiert sein, denn ich war so sehr erschreckt, dass ich über den Gartenzaun flüchtete und meinen Flug erst nach etwa 50 Metern beim Nachbarn unterhalb seiner Terrasse beendete. Der Ausflug war rasch beendet, und er wiederholte sich in den folgenden Jahren nicht.
Meine Leute hatten recht schnell mitbekommen, dass meine amourösen Aktivitäten für die drei Hühner-Damen anstrengend waren. Nach kurzer Zeit waren wir deshalb bereits zu sechst. – Im Laufe der Jahre kamen noch ein paar weitere Hennen hinzu – Freude!
Obwohl ich kleiner war, als jede meiner Damen, hatte es, l’amore, geklappt …
Wie es sich für einen italienischen Gentleman, gentiluomo, gehört, hatte ich meine Hennen mit verführerischen Lock-Tönen informiert, sobald ich einen Wurm, ein Insekt oder sonst was Leckeres gefunden hatte. Die kamen meist sofort gemeinsam angerannt, obwohl nur eine etwas bekommen hatte und die anderen jeweils leer ausgingen.
Manchmal hatte ich auch gelockt, obwohl ich gar nichts zu bieten hatte.
Mein helles Krähen soll übrigens allseits beliebt gewesen sein; so hatten es die Nachbarn jedenfalls auf Nachfragen immer wieder beteuert.
Eines Tages passierte etwas Verrücktes. Meine Halter hatten vom damaligen Kleintier- und Geflügelmarkt in Eckenhagen zwei junge Seidenhühner mitgebracht. Der Verkäufer hatte sie den Vogts als Hennen feilgeboten, obwohl es zwei Hähne waren: kikeriki, kikeriki!
Auch als die beiden größer geworden waren und sich zu seltsamen Monstern entwickelt hatten, wussten sie genau, wer der Chef im Garten war – abgesehen von den damals zwei Laufenten, mit denen wir uns das Grundstück teilten.
Die zwei Enten liefen zwar wie Laufenten, waren aber gar keine.
Ich, Hannemann, bin etwa sieben Jahre alt geworden.
Mein Ende zog sich nicht lange hin: Reinhold stand in der Nähe, als eine der Enten mich unter ein paar Stauden aufschreckte. Ich flatterte kurz hoch, fiel auf den Boden und blieb regungslos liegen. Reinhold hob mich auf, setzte mich wieder auf die Füße, und alles schien in Ordnung zu sein.
Als Reinhold eine halbe Stunde später nach mir schaute, hatte ich mich bereits in die ewigen Jagdgründe verabschiedet.
Über meinen Nachfolger, das wuschelige ‚Bärchen‘, könnt ihr auch etwas erfahren; Bärchen liefert quasi die Fortsetzung dieser Geschichte.
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